Artikel merken:

Welche Schrift für welche Zwecke?

Welche Schriftart

Typographie kennt nur wenige Regeln und Meister, die sich in einem halben Jahrtausend gebildet und erhalten haben. Sie sind nicht zu kopieren (Aufgüsse schmecken schal) aber sie sind zu kapieren. Als die Kunst, Worte und Sprache in der ihr angemessenen Form sichtbar - lesbar - verstehbar zu machen: einsichtig zu machen. In der Typographie gibt es so wenig grundsätzlich neu zu erfinden wie in der Kochkunst oder im Bett.

Kurt Weidemann, Zehn Gebote zur Typographie

Warum Typografie?

Warum ist es wichtig, sorgfältig zu überlegen, welche Schriftart man einsetzen möchte? Texte müssen lesbar sein, damit die darin enthaltene Information erfasst wird. Die Kunst der Typografie besteht darin, Texte gut lesbar zu machen, ohne dass die Augen ermüden und der Leser sich vom Text abwendet.

Für einen Flyer, der kurze, prägnante Informationen liefern soll, bis zum gleichförmigen Fließtext in einem Buch mit mehreren hundert Seiten gelten grundsätzlich die gleichen Regeln.

Schriftart finden nach unseren Lesegewohnheiten

Die Wahl der Schriftart hat viel mit unseren Lesegewohnheiten und indirekt mit Psychologie zu tun. Von Büchern und anderen langen Texten sind wir Schriften mit Serifen wie die Times oder Palatino gewohnt.

Serifenschriften geben dem Auge Haltepunkte, damit es im Zeilenfluss nicht abrutscht. Ein Flyer mit kurzen Textblöcken darf auch in serifenloser Schrift gedruckt werden. Hier wird meist mit zusätzlichen grafischen Mitteln der Text gegliedert.

Welche Schrift für welchen Anlass?

Ein wichtiges Kriterium für die Wahl der Schrift ist der Zweck des Druckprodukts. Eine Einladung zu einer Hochzeitsfeier verlangt eine andere Schrift als eine Todesanzeige, ein Plakat oder Flyer für eine Techno-Party eine andere als ein Programm für ein Klassikkonzert.

Welche Schriftgröße?

Zweites Kriterium ist die Schriftgröße. Ist die Schrift kleiner als 8 Punkt, wird es schon schwierig. Andererseits wäre eine Größe von 36 Punkt für ein Buch auch nicht mehr zu erfassen. Je nach der gewählten Schriftart und dem Produkt liegt das Idealmaß zwischen 8 und 12 Punkt.

Welche Zeilenlänge?

Der dritte wichtige Punkt behandelt die Länge der Zeilen. Stellen Sie sich eine Tageszeitung vor, die nicht in fünf bis sieben Spalten aufgeteilt, sondern in ihrer ganzen Breite durchlaufend bedruckt wäre: Sie würden sie gleich wieder weglegen. Umgekehrt wären in einem Buch von gängigem Format bei sieben Spalten die Zeilen zu kurz.

Welcher Zeilenabstand?

Ein einzeiliger Abstand läßt Texte gequetscht aussehen. Zudem hat das Auge Schwierigkeiten, die Übergänge vom Zeilenende zum neuen Zeilenanfang zu finden. Ist der Abstand zu groß, muss das Auge zu lange suchen. Für Zeilenlänge und -abstand gilt: Sie müssen ein gesundes Mittelmaß finden.

Flatter- oder Blocksatz?

Linksbündiger Flattersatz, wie er zum Beispiel in Geschäftsbriefen üblich ist, lässt sich am Einfachsten lesen. In Büchern wäre er ungewöhnlich. Dort wird fast durchgängig der Blocksatz mit gleich langen Zeilen gewählt.

Zentrierte Texte eignen sich nur für ganz kurze Texte mit wenigen Zeilen. Rechtsbündiger Flattersatz sollte weitestgehend vermieden werden, weil er unser gewohntes von-links-nach-rechts-lesen unnötig erschwert.

Papier und Schriftfarbe

Lange Texte lesen sich am Besten schwarz auf weiß. Bei kurzen Informationen dürfen auch starke Kontraste angewendet werden, um die Aufmerksamkeit zu erhöhen. Für graues Recyclingpapier sollte man eine kontrastreiche Schriftfarbe wählen.

Fazit

Grundsätzlich gilt in der Typografie das Gleiche wie in vielen anderen Bereichen der Gestaltung: Weniger ist mehr. Wer schon einmal die Visitenkarte eines Autoaufkäufers an seinem Wagen gefunden hat, weiß, was gemeint ist: Zehn Schriftarten und sieben verschiedene Farben bringen keine Ausgewogenheit ins typografische Erscheinungsbild.