Schriftportrait Garamond
Namentliches Fiasko. Eine Schrift, die nicht von ihrem Namensgeber stammt und Schriften, die nicht nach ihrem Schöpfer benannt sind: Der Wust an Garamond-Schriften treibt das Namenschaos auf die Spitze. Dabei ist nur eines sicher: In dem Wenigsten, auf dem Garamond steht, ist auch wirklich Garamond drin. Und die 'echteste' Garamond, heißt ganz anders.
Formal handelt es sich bei 'Garamond' um eine Sammelbezeichnung von Schriften, die nach dem französischen Schriftschneider und Verleger Claude Garamond (1480 - 1561) benannt sind.
Die ideale Schrift
Garamond-Schriften werden lange Zeit als ideale Schriften für den Werksatz und lange Textpassagen, als Schriften für die 'gehobene' Literatur angesehen. So besitzen sie auch heute noch ein wenig vom Nimbus des handwerklich meisterlichen Drucks, auch wenn in unseren Tagen mitunter wenig meisterliche Werke aus Garamond gesetzt werden.
Garamond-Schriften zeichnen sich allgemein durch ein weich fließendes, angenehmes Schriftbild aus. Sie werden zu den am besten lesbaren Druckschriften gezählt. Und sie gelten als ideale Buchschriften, die auch für alle anderen Arten längerer Texte eine sehr gute Wahl sind.
Jannon vs. Garamond: Beatrice Warde
So klar Nutzen, Ästhetik und Anwendung der Garamond-Schriften ist, so unklar (und irreführend) sind ihre Herkunft und ihre Wurzeln.
In der Tat stammen die allermeisten Schriften, die heute als Garamond bezeichnet werden, nicht von Claude Garamond, sondern von dem französischen Druckmeister und Schriftgestalter Jean Jannon, der siebzig Jahre nach Garamonds Tod wirkt.
Schuld daran sind politische Umstände im 16. und frühen 17. Jahrhundert, jahrhundertelanges unbeachtetes Liegen in Archiven und Fehlidentifikationen durch Schriftsachverständige.
Erst die lange und erschöpfende Arbeit einer jungen Typografin namens Beatrice Warde rückt die Dinge ins rechte Licht. In einem Artikel, den sie 1927 unter dem Pseudonym Paul Beaujon veröffentlicht, weist sie die Urheberschaft Jannons für beinahe alle zu dieser Zeit am Markt befindlichen Garamonds nach.
Amerikanische Garamonds
Dank Wards Arbeit lässt sich heute der Stammbaum und die Urheberschaft der Garamond-Schriften etwas klarer darstellen - auch wenn diese Erkenntnis kaum Auswirkungen auf die Namensgebung hat.
Vereinfachend lassen sich ein amerikanischer und ein europäischer Garamond-Zweig unterscheiden:
Amerikanische Garamond |
Ausgangspunkt der amerikanischen Garamond ist die auf Jannons Schriftgut beruhende ATF Garamond, die 1916 von Morris Fuller Benton entworfen wird. Auf Bentons Arbeit stützen sich die 1922 von F. W. Goudy entworfene Monotype Garamond sowie die 1936 von Linotype herausgebrachte Garamond Nr. 3. Aus diesen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts entstandenen Garamond-Interpretationen, die auf Jannons Arbeit fußen, gehen in neuerer Zeit weitere Garamond-Auflagen hervor. Hierzu zählen unter anderem die Simoncini Garamond (1961) und die Apple Garamond (1984). |
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Europäische Garamond |
Der europäische Zweig der Garamond-Schriften enthält einige Schriften, die tatsächlich auf Originalschriften von Claude Garamond fußen. Hierzu zählen die Stempel Garamond (1924), die Adobe Garamond (1989), die natürlich aus den USA stammt sowie die 1928 von G. W. Jones entworfene Granjon, die auf einem Buchdruck mit originalen Garamond-Schriften aus dem Jahre 1592 beruht. Die meisten Gelehrten stimmen darin überein, dass es heute im Grunde nur eine Schrift gibt, die in fast allen Punkten dem Schriftgut von Claude Garamond nahekommt: Diese heißt aber nicht Claude, nicht Garamond, sondern Sabon und stammt aus der Feder von Jan Tschichold. |
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