Schriftportrait Goudy Old Style

Die Qualität. Frederic William Goudy ist einer der herausragenden Köpfe in der Geschichte der Typografie. Fünfzig Jahre seines Lebens verbringt er mit der Suche nach jener sagenhaften Eigenschaft oder Qualität, die eine Schrift haben muss, um schöner, lesbarer, anmutiger zu sein. Am Ende glaubt er, versagt zu haben. Dabei hatte er die Antwort längst gefunden: Goudy Old Style.

Direkter Erfolg

Die Schriftart Goudy Old Style wird von Goudy im Jahr 1915 entworfen und erscheint als erste Goudy-Schrift bei der American Type Founders Co. Nach ihrem Erscheinen wird sie umgehend ein Hit.

Wesentlicher Grund für den Erfolg sind die völlig entgegen dem damaligen Schriftgeschmack 'gekürzten Oberlängen', die vor allem in der Werbung einen wirtschaftlichen Einsatz des Druckraums erlauben. Allgemein wird Goudy Old Style in die Reihen der bestlesbaren Schriftarten aller Zeiten eingereiht.

Erbe und Reichtum

Trotz des Erfolgs seiner Schrift wird Frederic William Goudy selbst durch seine Schöpfung keinesfalls reich. Er verkauft die Rechte an der Goudy Old Style für eine Einmalzahlung von $1500 an die American Type Founders Co. und erhält danach keine weiteren Tantiemen für die (exorbitant guten) Verkäufe seiner Schöpfung.

Goudy selbst beschreibt in seiner Autobiografie eine Begebenheit, die während einer Besichtigung der Räume der American Type Founders Company stattfindet. Der Führer der Besuchergruppe aus den Reihen des 'Institute of Graphic Arts' hält an einer Gussmaschine für Lettern inne und führt aus, dass auf dieser Maschine Buchstaben gegossen worden seien, die von einem Mitglied des Instituts (Goudy) entworfen worden waren.

Und er fährt fort:

Hier entstand Goudys Nachlaß, während die American Type Founders Company überaus reich erbte. [Here is where Goudy goes down to posterity while the American Type Founders Company goes down to properity]

Freund der Werbung

Die Goudy Old Style in ihrer ursprünglichen, von Frederic Goudy gezeichneten Form findet weite Verbreitung als Werbe- aber auch als Druckschrift. Insbesondere ihre Großbuchstaben finden als Schrift für Überschriften und Auszeichnungen großen Anklang, wenn auch nur wenige Drucke bekannt sind, in denen Goudy Old Style als Werkschrift eingesetzt wird.

Es ist vor allem der (nicht von Goudy sondern von Morris Benton gezeichnete) Fettschnitt, der in den folgenden Jahren und Jahrzehnten als Auszeichnungsschrift vom Buchdeckel über die Werbeanzeige bis zum Schnapsflaschenetikett reiche Anwendung findet.

Ausgewogene Komposition

Goudy Old Style selbst ist weithin als elegant-anmutige und ausgewogene Schriftkomposition bekannt. Sie verfügt über einigen Eigenheiten, wie der aufwärts weisende Tropfen am g, die rautenförmigen Punkte auf i und j (sowie in Semikolon, Ausrufe- und Fragezeichen), die einen Großteil ihres Charmes ausmachen.

Das Q zeigt einen spektakulären Schwung im Querstrich (sicherlich eine Anspielung an Goudys Karriere als Kalligraf), das J einen ausgprägten Aufwärtshaken und das R existiert in zwei Varianten: mit angewinkeltem oder keck ausgestrecktem Bein.

Reiches Anwendungsspektrum

Die Goudy Old Style besitzt in ihren Anwendungsmöglichkeiten eine für eine Renaissance-Antiqua unglaubliche Flexibilität. Sie macht in Überschrift und Slogan eine gute Figur, im Textblock sowieso. Der erfrischende Variantenreichtum in den mageren und den fetten Schnitten lässt sie nie langweilig erscheinen, auch wenn der gesamte Satz aus dem Bestand ihrer Schnitte bestritten wird oder werden muss.

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