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Schriftart finden nach Lesegewohnheiten

Über Typografie im Allgemeinen und einzelne Schriftarten im Speziellen wird immer wieder diskutiert und gestritten. Die ästhetischen Ansprüche und Gewohnheiten weisen heute eine große Bandbreite auf.

Lesen

Diese Entwicklung begann mit dem verstärkten Aufkommen von Druckprodukten, die keine Bücher im klassischen Sinne waren, zum Beispiel Zeitschriften und Kataloge mit viel Bildmaterial, Handzettel, Flyer usw. Der zweite große Bruch entstand mit dem Aufkommen digitaler Medien, sprich dem Lesen und Betrachten von Text auf Bildschirmen.

Welche Ziele hat Typografie?

Typografie hat aber immer drei Absichten bzw. Ziele: Interesse für einen Text zu wecken, seine Rezeption zu erleichtern, Leserichtung und Lesegeschwindigkeit zu steuern. Diese drei Punkte gelten querbeet für alle Medien, ohne dass ein zu steifes Regelwerk festgelegt werden muss. Moden und Medien ändern sich, der Zeitgeist und somit auch die Lesegewohnheiten.

Um welche Textart geht es?

Gute Typografie muss sich zuerst fragen: Was für ein Text und damit was für eine Botschaft soll transportiert werden? Ist der Text lang oder kurz? Wissenschaftlich oder werbend? Literarisch oder informativ? Sachlich und nüchtern oder reißerisch und provokant? Ist diese Frage geklärt, kommt man der passenden Schrift schon ein gutes Stück näher.

Welches Medium soll gestaltet werden?

Der zweite Fragenkomplex gilt dem Medium. Will ich einen Roman typografisch gestalten oder ein bebildertes Sachbuch? Eine Tageszeitung oder eine Wochenillustrierte? Verlangt der Kunde eine Firmenbroschüre, ein Plakat oder eine Visitenkarte? Oder geht es - um den Druckbereich zu verlassen - um die Gestaltung einer Internetseite?

Die Antworten auf diese Fragen führen zu zum Teil völlig unterschiedlichen Ergebnissen hinsichtlich der Wahl der Schriftart, der Schriftgröße, des Satzspiegels, des Gestaltungsrasters im Allgemeinen.

Auswahl der Schriftart

Bei der Auswahl der geeigneten Schrift kommt man mit dem deutschen Klassifizierungssystem nach DIN 16518 nicht viel weiter. Es ist sinnvoller nach Schriften mit und ohne Serifen zu unterscheiden und den Rest wie Hand- und Schreibschriften sowie sonstige dekorative Fonts in eine dritte Gruppe zu stecken.

Serifen-, serifenlose und andere Schriften

Serifenschriften (Antiqua) sind am Besten für lange Texte. Sie halten das Auge in den Zeilen fest, so dass es nicht weggleitet oder Zeilen überspringt. Voraussetzung ist aber, dass es sich um eine qualitativ gute Antiqua handelt. Da ist man bei den Klassikern bestens aufgehoben, denn diese entsprechen unseren heutigen Lesegewohnheiten am meisten.

Bodoni Roman
Die bekannte und beliebte Serifenschrift Bodoni von Giambattista Bodoni (1790)
Garamond Regular
Eine weitere sehr bekannte Antiqua-Schrift ist die Garamond von Claude Garamond (1499-1561)

Vor etwa 150 Jahren, als die meisten Bücher in Deutschland noch in Fraktur gesetzt wurden, sah das anders aus. Für kurze Texte auf Flyern, in Broschüren oder Verkehrsleitsystemen etc. eignen sich oft serifenlose oder auch dekorative Schriften besser, weil das Auge die gewollt kurzen Informationen besser erfasst.

Schriftschnitt und Schriftgröße

Die beste Lesbarkeit gewährleistet der aufrecht stehende Schnitt "normal" oder "regular". Längere Textpassagen in "kursiv" oder "fett" überanstrengen das Auge genauso wie ein Stauchen oder Dehnen der Buchstaben.

Als Schriftgrößen sind für Buch- und Zeitungsdruck Grade zwischen 8 und maximal 12 Punkt zu empfehlen. Kleinere Grade werden in der Regel für Wörter- und Telefonbücher, für Lexika oder Visitenkarten verwendet, größere für Überschriften bis zu Plakatschriften mit mehr als 48 Punkt.

Probieren und studieren ist angesagt. Es gibt reichlich gute und schlechte Beispiele, an denen man sich orientieren kann.