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Welche Schrift für welchen Anlass?

Wenn Sie ein Druckprodukt für einen bestimmten Anlass gestalten wollen, haben Sie erst einmal die Qual der Wahl: es gibt Tausende verschiedener Schriftarten.

Schrift nach Anlass

Neben den käuflich zu erwerbenden können Sie auf vielen Internetseiten kostenlose Fonts auf Ihren Rechner herunterladen, von denen aber - das muss man leider sagen - die meisten nicht viel taugen, weder optisch noch technisch (die meisten Freefonts werden im nicht-deutschsprachigen Raum gestaltet und enthalten z. B. kein "ß" und keine Umlaute "Ä", "Ö" und "Ü").

Bevor Sie sich im typografischen Dschungel verirren, sei Ihnen geraten: Gehen Sie strategisch vor! Beginnen Sie mit Fragen!

Fragen zur Form des Produkts

Was wollen Sie gestalten? Ein Buch? Eine Zeitschrift? Eine Werbeanzeige? Ein Plakat? Einen Briefbogen? Eine Visitenkarte? Einen Flyer? Eine Hochzeitsanzeige? Eine Einladung für Ihre nächste Geburtstagsparty?

Der Umfang (Seiten) und die Größe (DIN- oder andere Formate) sind die ersten Kriterien für die Auswahl der geeigneten Schrift(en).

Überlegungen zum Inhalt

Ein Buch, beispielsweise ein klassisch gesetzter Roman, benötigt in der Regel nur eine Schriftart, am Besten eine Antiqua (Serifenschrift), mit maximal drei Schriftschnitten aus der gleichen Familie: normal, kursiv, fett.

Bodoni Roman
Die Antiqua Schrift Bodoni im Schriftschnitt "normal"
Bodoni in Italic
Die Antiqua Schrift Bodoni im Schriftschnitt "kursiv"
Bodoni Bold
Die Antiqua Schrift Bodoni im Schriftschnitt "fett"

Für eine Illustrierte mit vielen Bildern sowie zusätzlichen farbigen und grafischen Gestaltungsmerkmalen bietet sich eine Auswahl mehrerer Schriften an: für den Fließtext etwa eine Antiqua, für Headlines, Rubrikenüberschriften oder Seitenzahlen eine Grotesk (Serifenlose Schrift).

Frutiger 55 Roman von Adrian Frutiger
Die Groteskschrift Frutiger 55 im Schriftschnitt "normal".
Frutiger 56 Italic von Adrian Frutiger
Die Groteskschrift Frutiger 56 im Schriftschnitt "kursiv".
Frutiger 65 Bold von Adrian Frutiger
Die Groteskschrift Frutiger 65 im Schriftschnitt "fett".

Wenn Sie eine Werbeanzeige für eine Firma erstellen, müssen Sie wahrscheinlich deren Hausschrift verwenden. Dann sollten Sie mit der Wahl eines zweiten oder gar dritten Fonts sehr vorsichtig sein. Schriftenmischung ist eine Kunst für sich. Zwei Antiqua- oder zwei Groteskschriften nebeneinander "beißen" sich in der Regel.

Für eine Hochzeitsanzeige eignen sich elegante Hand- oder Schreibschriften. Hier darf es durchaus "romantisch" zugehen. Eine Partyeinladung für Freunde kann ruhig verspielter sein, nur übertreiben sollte man nicht.

Schrift für Glückwünsche zu Hochzeiten, Verlobungen, Geburtstage oder Taufen.
Die Zapfino ist eine sehr beliebte Schrift für Hochzeitskarten und elegante Speisekarten.

Für einen Techno-Flyer dürfen Sie Experimente mit ausgefallenen, "abgefahrenen" Schriften wagen. Gerade diese Szene hat in den letzten Jahren für aufregende Ansätze in der Typografie gesorgt.

Zeichensatz und Schriftschnitte

Nicht vernachlässigen darf man die Frage, ob die Schriftart vom Zeichenumfang den Anforderungen entspricht. Wenn Sie für die Herstellung eines wissenschaftlichen Buches beispielsweise Formeln setzen müssen, sollten Sie eine Schriftart wählen, die die entsprechenden Zeichen enthält. Oder sollen Texte in unterschiedlichen Sprachen erscheinen? Längst nicht alle Zeichensätze werden allen Anforderungen gerecht.

Ebenso wichtig ist der Umfang der Schriftschnitte: Gibt es genügend Schriftschnitte für eine vernünftige Schriftmischung? Werden eventuell weitere als die Schnitte "normal", "kursiv", "fett" und "fett kursiv" benötigt?

Wie sieht die Zielgruppe aus?

An wen wendet sich das Druckprodukt, das Sie gestalten wollen? Einiges ist im Grunde schon mit den Fragen zum Inhalt und der Form vorweggenommen worden.

Unsere Lesegewohnheiten bei Büchern sind seit Jahrhunderten unverändert. Auch ein Techno-Freak wird keinen Roman lesen wollen, der typografisch wie ein Techno-Flyer gestaltet ist.

Wenn Sie eine Zeitschrift gestalten möchten, stellt sich ebenfalls die Frage nach der Zielgruppe. Geht es um ein Magazin für elegante und teure Mode, eine Massenillustrierte, ein Fachblatt für z.B. technische Produkte?

Welche Ästhetik ist gefragt? Soll die Schrift Modernität ausdrücken oder eher ein klassisches Gefühl transportieren? Wollen Sie Gediegenheit vermitteln oder schlichte Eleganz? In jedem dieser drei Fälle werden Sie auf unterschiedliche Fonts zurückgreifen, die mit dem Inhalt und der übrigen grafischen Gestaltung harmonieren müssen.

Es gibt keine allgemein gültige Lösung

Sie haben das Thema eingegrenzt, aber letztendlich immer noch die Qual der Wahl, denn für jedes der angeführten Produkte bieten sich weiterhin viele verschiedene Schriften als Lösung an. Jetzt ist Ihr typografisches Feingefühl gefragt. Und auch Ihr Geschmack, wenn Sie nicht streng nach Vorgaben eines Auftraggebers vorgehen müssen.

Hilfreich sind auf jeden Fall Musterbücher oder Internetseiten von Schriftenanbietern, um sich einen Überblick zu verschaffen.

Die "Qual der Wahl" können Sie aber auch optimistsicher sehen: Es lebe die Vielfalt!