Wortzwischenraum und Zeilenabstand
Wer sich einmal die Mühe macht eine Seite aus einem alten Buch, das noch mit Bleisatz gesetzt und im Hochdruck gedruckt wurde, anzuschauen der wird einige Unterschiede zu den heutigen Drucksachen feststellen können. Gerade im Bezug auf die Themen Wortabstand und Zeilenabstand.
Form der Texte
Wer sich ein wenig für die Materie der Typografie interessiert - denn so heißt diese heute fast vergessene Kunst ein Buch oder eine Drucksache schön zu gestalten - einzudringen, der wird schon bald auf die geheimnisvollen Fachausdrücke der Schriftsetzer stoßen. Cicero, Gevierte, Konkordanzen, Blindmaterial und auch auf den Begriff Blocksatz.
Man kann Texte auf verschiedene Arten in Form bringen. Er kann linksbündig flattern, rechtsbündig flattern, sich um eine Mittelachse gruppieren, die Zeilen können völlig frei flattern, oder der Text kann in einem Block gesetzt werden.
Der Text schließt bei letzterem sowohl rechts- wie linksbündig ab. Die heutigen Desktop-Publishing-Programme füllen die Wortzwischenräume der Zeile einfach gleichmäßig auf, bis jede Zeile solang ist wie die vorherige.
Wortabstände bestimmen
In alten Büchern ist das anders. Die Wortabstände sind nicht gleich. Die Zeilen werden nach strengen Gesetzen der Ästhetik auf gleiche Breite gebracht. Die Zeile wird "ausgeschlossen" wie ein Schriftsetzer sagen würde.
Der normale Wortabstand ist das sogenannte Drittelgeviert. Ein Geviert ist, als Fläche gedacht, ein Quadrat von Höhe mal Breite der Schrifthöhe. Der Buchstabe "W" würde in etwa diesem Maß entsprechen. Also ein Drittel dieser Breite wäre der normale Wortabstand. Mit diesem Wortabstand wäre aber eine Zeile immer entweder ein wenig zu lang oder ein wenig zu kurz, wenn man die deutschen Trennungsregeln beachten muss.
Also muss der Abstand der Worte entweder vergrößert oder verringert werden. Aber nicht gleichmäßig, sondern nach Regeln. Das wichtigste Kriterium hierbei ist immer die gute Lesbarkeit der Texte. Das Auge soll sich möglichst wenig an zu großen Lücken oder zu engen Wortabständen stoßen, denn beim Lesen wird im Kopf nicht buchstabiert sondern es wird das ganze Wort als Buchstabengruppe aufgefasst und erkannt.
Hinter einen Punkt darf man mehr Raum zum nächsten Wort lassen, hinter einem Komma jedoch muss der Abstand verringert werden. Wörter ohne Ober- und Unterlänge wie zum Beispiel das Wort "muss" können etwas weiter von den benachbarten Wörter gesetzt werden und sie optisch besser trennen zu können.
Vor einem Wort das mit einem weit ausholenden Buchstaben wie zum Beispiel einem "T" beginnt, wird der Wortabstand verringert.
Hauptziel all diese Anstrengungen ist es, das kann nicht oft genug betont werden, ein optisch geschlossenes, gleichmäßiges Schriftbild auf der Seite, den sogenannten "Grauwert", zu erzeugen.
Zeilenabstand wählen
Diesem Zweck dient auch die Überlegung, welcher Zeilenabstand zu wählen sei. Früher nannte man den Zeilenabstand "Durchschuss", denn er wurde von den Setzern mit langen dünnen Bleiplättchen den sogenannten "Regletten" zwischen den einzelnen Zeilen erzeugt.
Rein optisch muss der Zeilenabstand groß genug sein, die einzelnen Zeilen gut voneinander zu trennen, und andererseits darf er nicht zu groß sein damit das Schriftbild der Seite, wir erinnern an den "Grauwert", nicht zerrissen wird.
Auch der Verleger hat in Bezug auf die Anzahl der Seiten, die das Buch haben darf da ein gewichtiges Wort mit zu reden. Wenn die Seitenzahl vorgegeben ist, wird der Spielraum für den Durchschuss, also den Zeilenabstand naturgemäß kleiner.
Vielleicht nicht für jeden sofort erschließbar ist dabei die Tatsache, dass die Seitenanzahl aller Seiten, auch der nicht bedruckten, möglichst durch 16 teilbar sein sollte, aber das ist ein anderes Thema.