Schreibschriften
In der Gruppe 8 nach DIN 16518 finden sich Schriften, die unter dem Sammelbegriff 'Schreibschriften' zusammengefasst sind.
Bei den Schreibschriften handelt es sich um Schriftarten, die auf die lateinischen Schul- und Kanzleischriften oder auf individuelle Handschriften und kalligrafische Schriftentwürfe zurückgeführt werden können.
Das Spektrum der Schreibschriften reicht mittlerweile von den klassischen, fließenden Schreibschriften über die sehr eleganten stilvollen Versionen bis hin zu stark verspielten, witzigen oder gar flippigen Schriften. Nicht zu vergessen ist die Untergruppe der dekorativen Versalienschriften, die zum Beispiel bei reich verzierten Initialen Verwendung finden können.
Im Unterschied zu den vorangegangenen Schriftklassen der DIN 16518 steht bei den Schreibschriften weniger die Lesbarkeit der Schrift, als vielmehr ihre Gestaltung und ihre grafische Wirkung im Vordergrund.
Begrifflichkeit und Synonyme
Schreibschriften sind aus der Geschichte seit dem Altertum bekannt. Im deutschen Sprachraum werden sie auch als Schönschriften, Korrespondenzschriften, Kurrent- oder Fakzimileschriften bezeichnet. Altgedienten Schriftsetzern der Bleisatzzeit sind diese Schriften als Akzidenzschriften geläufig. Im englischen Sprachraum ist die Bezeichnung 'Script' üblich.
Manuelles Schreibgerät
Gemeinsames Kennzeichen der Schreibschriften ist, dass sie mit einem manuellen Schreibgerät - gleich ob Spitz-, Breit- oder Rundfeder, mit Kreide oder Pinsel - niedergeschrieben wurden oder dass, bei moderneren Schriftarten, die Strichführung einem dieser Schreibgeräte nachempfunden ist.
Im heutigen, digitalen Schriftgebrauch entstehen zahlreiche Schriften auf der Grundlage individueller Handschriften. Damit setzt sich die Tradition, die mit Schriften beginnt, die von Mönchen in mittelalterlichen Klöstern niedergeschrieben wurden und aus der die Klassiker des Genres hervorgingen, bis in die heutige Zeit fort.
Digitalisierung von Schreibschriften
Die Digitalisierung von Schreibschriften ist in der Anfangszeit des Computer-unterstützten Schriftsatzes oftmals schwierig. Die Umsetzung der grundlegenden Eigenschaft von Schreibschriften, nämlich die Verbindung der Buchstaben untereinander, bereitet bei der digitalen Aufbereitung als Postscript Type 1- oder als True Type-Schrift zunächst Mühe.
Aus dieser Zeit stammen viele minderwertige Ergebnisse, die auch heute noch in Umlauf sind und bedauerlicherweise auch eingesetzt werden. Mit der Einführung des Open Type-Formats bessert sich die Lage, sodass heute auf einen breiten Bestand hochwertiger Schreibschriften zurückgegriffen werden kann.
Sparsamer Einsatz
Dem breiten Angebot an Schriftarten in dieser Kategorie sollte ein sparsamer Einsatz gegenüberstehen. Schreibschriften können im Wesentlichen nur der Auszeichnung oder dekorativen Zwecken dienen, sind jedoch - zumindest im Bereich des Qualitätssatzes - nicht für größere Textmengen geeignet.
Zudem darf das subjektive Moment nicht vernachlässigt werden: Die Schönheit oder Abscheulichkeit einer Schrift ist sehr stark vom persönlichen Geschmack geprägt und kann vom Adressaten eines Schriftstücks völlig anders aufgenommen werden.
Geschultes Auge und gekonnter Einsatz hingegen können die Nutzung einer Schreibschrift, zumal in der Werbung, Kunst oder der visuellen Kommunikation, zu einem wirkungsvollen Gestaltungselement machen.
Verbindende Merkmale von Schreibschriften
- (zumeist) mit Wechselzug/Wechselstrich (je nach Lage)
- anscheinend mit Feder oder Pinsel geschrieben
- (zumeist) schwungvolle Strichführung
- (häufig) Betonung der Anfangsbuchstaben
- Kleinbuchstaben untereinander verbunden
Beispiele für Schreibschriften der Klasse 8
- Englische Schreibschrift (England, 16. Jh.)
- Künstlerschreibschrift (D. Stempel, 1902)
- Typo Upright (M. F. Benton, 1905)
- Linoscript (M. F. Benton, 1926)
- Lateinische Ausgangsschrift (1953)
- Mistral (R. Excoffon, 1953)
- Slogan (Helmut Matheis, 1958)
- Pepita (Imre Reiner, 1959)
- Snell Roundhand (Matthew Carter, 1966)
- Vereinfachte Ausgangsschrift (1969)
- Medici Script (Hermann Zapf, 1971)
- Berthold Script (G. G. Lange, 1977)
- Zapf Chancery (Hermann Zapf, 1979)
- Dolores (T. Fere-Jones, 1991)
- Caflisch Script (Robert Slimbach, 1993)
- Zapfino (H. Zapf, 2003)