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Schriftportrait Gill Sans

Die Gefühlvolle. Serifenlosen Schriften wird nachgesagt, sie seien konstruiert, steril und kalt. Nicht so die Gill Sans: Sie verströmt die mediterrane Wärme und Leichtigkeit ihrer italienischen Vorbilder aus dem antiken Rom und dem Venedig der Renaissance. Dass sie aus dem kühlen England stammt (und gar keine Serifen hat), merkt man ihr (beinahe) gar nicht an.

Logo der London Underground mit Gill Sans
Logo der London Underground mit Gill Sans

Die Gill Sans entsteht in den Jahren 1928 bis 1930 durch den britischen Schriftgestalter Eric Gill (1882 - 1940). Der erste Schnitt wird im Jahr 1928 durch den britischen Arm der Monotype Corporation veröffentlicht.

Gill Sans Light
Gill Sans Light
Gill Sans Light Italic
Gill Sans Light Italic

Junge, wilde Deutsche

Anlass für die Schöpfung der Gill Sans ist das Bestreben von Stanley Morison, typografischer Berater des britischen Zweigs der Monotype Corporation, zur Schaffung einer 'britischen Futura' als Gegenstück zu den in Deutschland erschienenen Stil-Ikonen Erbar, Kabel und - vor allem - Futura.

Diese 'jungen wilden' Schriften verbreiten sich nach ihrem Erscheinen epidemieartig im europäischen Druckmarkt und graben den einheimischen Schriften im Hinblick auf finanzielle Erträge und Marktanteile das Wasser ab.

Gill Sans Roman
Gill Sans Roman
Gill Italic
Gill Sans Italic

Antwort aus Wales: Eric Gill

Morison gelingt es, den in Wales zurückgezogen lebenden Eric Gill, der gerade an der Fertigstellung seiner Schriftschöpfung Perpetua arbeitet, für das Projekt zu gewinnen. Gill ist zu dieser Zeit bereits ein bekannter Bildhauer, Grafiker und Schriftentwerfer.

Grundlage für die spätere Gill Sans bildet eine Schrift, die Gill im Auftrag des Bristoler Buchhändlers Douglas Cleverdon 1926 in serifenlosen Großbuchstaben auf die Fenster von dessen neu eröffnetem Buchladen pinselt. Gill hatte Cleverdon im Rahmen dieses Deko-Projekt zudem Entwürfe für weitere Buchstaben überlassen, die dieser später zu Werbezwecken einzusetzen gedachte, sodass bereits der Grundstock zu einer neuen Schriftart vorhanden war.

Gill Bold
Gill Sans Bold
Gill Bold Italic
Gill Sans Bold Italic

Aus der U-Bahn: die ultimativ Lesbare

Unter Morisons legendärer, fordernder Schirmherrschaft entwickelt Gill die neue Schrift weiter. Er stützt sich bei seinen Entwurfsarbeiten auf die vorangegangene Schrift Johnston Sans, die von Edward Johnston (1872 - 1944) zur Beschriftung des Leitsystems der Londoner U-Bahn entwickelt wurde. Gill hatte als Auszubildender von Johnston an diesem Schriftentwurf mitgearbeitet.

Gills Wunsch ist nicht mehr und nicht weniger, als die ultimativ lesbare Schrift zu erschaffen. Sie soll sowohl im Mengensatz mit 10 Punkt Größe als auch für Wegweiser nutz- und lesbar sein. Daraus entsteht eine eigentümliche Zeichenmischung, bei der sich die von römischen Monumentalschriften abgeleiteten (und um ihre Serifen erleichterte) Großbuchstaben à la Trajan mit Kleinbuchstaben mischen, deren Formen von vielen Renaissance-Schriften (wiederum minus Serifen) seltsam vertraut anmuten.

Typografische Feinkost

Die Gill Sans besitzt eine Unzahl typografischer Feinheiten, beinahe jedes Zeichen ist eine Anspielung an das Erbe römischer Monumente oder karolingischer Handschriften: Das M zeigt die charakteristischen Eigenschaften der römischen Monumentalis wie in einem Mikrokosmos: eine quadratische Grundform, die beiden Diagonalen treffen sich im Mittelpunkt dieses Quadrats.

Die zweistöckigen Kleinbuchstaben a und g scheinen direkt einer karolingischen Handschrift entfleucht zu sein. Das t mit seinem auffallend schrägen Anstrich und dem hoch ansetzenden Querstrich findet sich in vielen wohlbekannten Renaissance-Antiquas wieder.

Die Liste ließe sich endlos fortführen und böte doch immer wieder kleine typografische Überraschungen, die vom tiefen Verständnis, vom Gefühl und der Liebe Gills zur Welt der Zeichensprache zeugen, auch wenn Monotype einige Änderungen an seinen Originalentwürfen vornahm, die erst mit Erscheinen der Gill Sans Pro wiederhergestellt werden.

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