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Schriftportrait Melior

Die Besserschrift. Hermann Zapfs Liebelei mit der Super-Ellipse: Aus diesem Flirt geht die Melior, die bessere Werksatzschrift hervor, der die Harmonie aus der Verbindung zweier Welten quasi in die Entwurfswiege gelegt wurde.

Melior Roman
Melior Roman
Melior Italic
Melior Italic

Die Melior entsteht in den Jahren 1948/49 durch Hermann Zapf und erscheint im Jahr 1952. Die Melior ist Hermann Zapfs Lösungsvorschlag für die Suche nach einer harmonischen Schrift für den Zeitungssatz, die das Auge des Lesers in der Lesebewegung besser führt als andere Zeitungsschriften dieser Zeit.

Schriftgestalter Hermann Zapf

Geometrie und 'die Glotze'

Für Hermann Zapf ist die Schaffung der Melior ein spannungsgeladenes Spiel zwischen Typografie und Geometrie. Um eine harmonische Verbindung der einzelnen Wortbilder im Blick des Lesers herzustellen, geht Zapf über die Grenzen der Typografie hinaus: Er verschmilzt mathematische Harmonie-Prinzipien mit den jahrhundertealten Regeln der Schriftgestaltung, um so zur besseren Schrift zu gelangen.

Neben diesen hehren, aber recht abstrakten Zielsetzungen gibt es eine kleine, diesseitigere Anekdote über die Anregung zur Melior: Hermann Zapf wird im Grunde durch den Anblick der ersten, rundlichen Fernsehröhren auf den Gedanken zu den dominierenden Zeichenformen der Melior gebracht.

Die Form der 'Ur-Glotze' wird demzufolge schließlich zur Grundform des 'O' mit den abgerundeten Ecken. Immerhin wird gesagt, dass das 'O' oftmals der erste Schritt des Schriftgestalters zu einer Schrift sein soll.

Form der 'Ur-Glotze'
Form der 'Ur-Glotze' wird zur Grundform des 'O' der Melior

Hermann und die Super-Ellipse: Quadratur des Kreises

Die der Melior zugrunde liegende Form ist die eines Rechtecks mit abgerundeten Ecken. Diese Form wird seit 1959 als 'Superellipse' bezeichnet. Der Begriff stammt von dem dänischen Mathematiker Piet Hein, die mathematische Beschreibung geht auf den französischen Mathematiker Gabriel Lamé des frühen 19. Jahrhunderts zurück.

Für Hein ist seine Superellipse eine angemessene Lösung zur Vereinheitlichung von zwei grundlegenden Strömungen des menschlichen Seins - und nebenbei derjenige Gedanke, der auch auf Zapfs zehn Jahre zuvor erschienene Melior und sein Dilemma der Lesbarkeit zutrifft - Hein schreibt:

Der Mensch ist dasjenige Tier, das Linien zeichnet, über die er dann selbst zu stolpern pflegt. Im gesamten Muster der menschlichen Zivilisation bestanden seit jeher zwei Entwicklungen: eine in Richtung der geraden Linie, der rechtwinkligen Muster sowie eine in Richtung der kreisförmigen Bögen.

Für beide Entwicklungen gibt es gute, gleichermaßen mechanische wie psychologische Gründe: Dinge, die sich auf gerade Linien gründen, passen gut zusammen und sind Raum sparend. Um Dinge, die aus Bögen aufgebaut sind, können wir uns gut - räumlich wie geistig - herumbewegen.

Aber wir befinden uns in einer Zwangslage, müssen das eine oder das andere akzeptieren, wenn eine Mischung aus beidem angemessener wäre.

Piet Hein, Quelle: [q10]
Melior Bold
Melior Bold
Melior Bold Italic
Melior Bold Italic

Die Zapfsche Mischung im Bundestag

Somit entsteht aus Zapfs Bemühungen um die harmonische Besserschrift eine Schrift mit offenem, ja lichtem Erscheinungsbild, die zum Lesen förmlich einlädt. Gleichzeitig tragen auch die kräftig ausgeprägten, das Schriftbild jedoch nicht dominierenden Serifen und die deutlich wahrnehmbaren Strichstärkenkontraste zu ihren guten Lesbarkeitseigenschaften bei - auch wenn dies die Melior für längere Texte, etwa Bücher, eher ungeeignet macht.

Logo des Deutschen Bundestages in Melior
Logo des Deutschen Bundestages in Melior

Außerdem liefert die Melior einen recht formeller Schriftcharakter, ohne dass sie dabei allzu steif oder autoritär wirkt. Diese Qualität führt immerhin dazu, dass die Melior im August 2009 zur Hausschrift des Deutschen Bundestags erkoren wird. Aus ähnlichen Gründen nutzen zahlreiche Universitäten weltweit die Melior als Hausschrift: Sie ist formell und informell zugleich - vielleicht wirklich die Besserschrift, nach der Zapf gesucht hatte.

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