Schriftportrait Frutiger
Frutiger, die Gediegene. Präzise, funktionell und doch liebevoll und lebendig, jahrzehntelang gereift und doch immer frisch und unverbraucht. Die Frutiger ist das Schweizer Uhrwerk unter den Serifenlosen - ursprünglich als Schrift für Wegweiser entwickelt, wird die Frutiger selbst zum Wegweiser für die Schriftentwicklung im späten 20. Jahrhundert.
Schriftentwickler Adrian Frutiger
Entstehung der Schrift
Am Beginn der Frutiger steht ein Großprojekt - der seit 1968 in Planung stehende Hauptstadtflughafen der Weltstadt Paris. Nach dem Willen des Architekten Paul Andreu soll der Flughafen neue Maßstäbe auf allen Gebieten setzen. Musiker, Philosophen, Farbpsychologen und Designer werden zurate gezogen. Den Auftrag, für die Beschilderung des Wegweisersystems des Flughafens eine Schrift zu entwickeln, erhält der Schweizer Schriftenschöpfer Adrian Frutiger. Frutiger ist in Fachkreisen seit seiner Schrift Univers im Jahr 1957 wohlbekannt.
Alle dachten, ich würde zur Univers greifen
, wird Frutiger gern zitiert, wenn es um die Entstehung seiner 'Flughafenschrift' geht. Nach eingehenden Überlegungen kommt Frutiger jedoch zu dem Schluss, dass die Univers für ein Wegweisersystem, bei dem es ja auf die schnelle Wahrnehmung von Information in verschiedenen Größen aus unterschiedlichen Betrachtungsrichtungen und aus wechselnden Entfernungen geht, zu rund und zu geschlossen, mithin ungeeignet sei.
Frutiger wendet sich einem älteren Schriftentwurf zu: Concorde, die er Ende der 1950er Jahre gemeinsam mit seinem Atelierkollegen Gürtler entwickelt hatte. Erste Skizzen finden den Beifall des Flughafenarchitekten. Die 'Flughafenschrift' erhält den Namen Roissy und ziert schließlich bei der Eröffnung 1975 sämtliche Hinweisschilder auf dem Flughafengelände Charles de Gaulle/Roissy.
Frutigers Wegweiserschrift findet den Beifall von Gestaltern und Typografen in aller Welt. Die Schrift überzeugt durch ihre gute Lesbarkeit und ihre klaren Linien. Doch sie verfügt auch über eine emotionale Komponente, wirkt warm und ist von einer zwanglosen Leichtigkeit. Diese Mischung macht Frutigers Flughafenschrift zu einem Senkrechtstarter, als sie, um einige Schnitte erweitert, 1976 bei der Schriftgießerei D. Stempel AG unter dem Namen Frutiger erscheint.
Frutiger, die bessere Univers
Als 'bessere Univers' übernimmt die Frutiger die Tugenden ihrer großen Schwester: Die Proportionen von Frutiger und Univers stimmen im Wesentlichen überein und beide Schriften weisen ein offenes Schriftbild mit großen Buchstabeninnenräumen (Punzen) der Kleinbuchstaben auf.
Charakteristisch für die Frutiger hingegen sind ausgeprägt abgeflachte Rundungsausläufe mit jeweils senkrechten Abschlüssen und die etwas größere Strichstärke der vertikalen gegenüber den horizontalen Strichen.
Heute liegt die originale Frutiger in fünf Strichstärken vor, davon vier mit Kursiven. Außerdem gibt es fünf schmalen Laufweiten mit zugehörigen Kursiven. Noch immer erfreut sie sich großer Beliebtheit: Die ursprüngliche Frutiger belegt 2008 in der Linotype-Statistik der bestverkauften Schriften den 5. Rang.
Frutiger Next
Im Jahr 2000 erscheint die überarbeitete und erweiterte Schriftenfamilie Frutiger Next. Adrian Frutiger legt bei der Überarbeitung selbst Hand an. Frutiger Next wartet in der Open Type-Variante mit nunmehr 21 Schnitten auf (bzw. 18 Schnitten in der Post Script- oder TrueType-Variante).
Frutiger Serif
Zum 80. Geburtstag Frutigers erscheint 2008 die in 20 Schnitten erhältliche Frutiger Serif. Sie wird von Adrian Frutiger in einer Kooperation mit dem künstlerischen Leiter der Linotype-Schriftentwicklung Kobayashi auf der Grundlage der Frutiger Schrift Meridien entwickelt.
Neue Frutiger
Als bislang letzter Spross der Frutiger-Sippe erscheint 2009 mit der Neuen Frutiger eine umfassende Überarbeitung der ehemaligen 'Flughafenschrift'. Die Neue Frutiger befindet sich deutlich näher am Original als Frutiger Next und ist in zehn Schnitten von Extra Light bis Extra Black und zehn Condensed-Schnitte mit den entsprechenden Kursiven erhältlich.
Frutiger ist die Hausschrift von
- Frauenhofer Gesellschaft,
- Deusches Zentrum für Luft- und Raumfahrt,
- Bundeswehr,
- Volksbanken und Raiffeisenbanken,
- Deutsche Post,
- Gewerkschaft ver.di,
- o2 Deutschland,
- Carl Zeiss AG
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