Schriftportrait Eurostile

Modern, markant und massensatztauglich - die Eurostile hat, obwohl schon 1962 entworfen, bis heute nichts vom Charme ihrer einzigartigen Gestaltung eingebüßt.

Wie keine andere Schriftart erinnert sie mit ihrer Geometrie an Etuikleid, Nachkriegsmoderne und den Zukunftsoptimismus der 1960er Jahre. Ihre 'eckigen Rundungen' erscheinen als Sinnbild der aufkommenden Herrschaft der Fernsehröhre.

Kind der 60er

Die Eurostile, formal eine geometrische Groteskschrift, wird 1962 von Aldo Novarese entworfen. Novarese stützt sich dabei auf die zehn Jahre zuvor erschienene Microgramma.

Diese Microgramma, als reine Bildschirmschrift gedachte und nur aus Großbuchstaben bestehende Schrift, hatte er gemeinsam mit Butti für die renommierte Turiner Schriftschmiede Nebilo entworfen. Novarese erweitert die Microgramma um Kleinbuchstaben und stellt sie unter dem Namen Eurostile vor.

Zunächst findet die Eurostile im Druckbereich Verwendung. Drucksachen sind dementsprechend auch heute noch die Domäne der Eurostile: Als Auszeichnungsschrift vermittelt sie immer noch eine grafisch anmutende Schlichtheit in Verbindung mit gefühlter Modernität. Dementsprechend ist sie vornehmlich in Publikationen im künstlerisch-progressiven Bereich recht häufig anzutreffen.

Eurostile Schriftschnitte - eine gelungene Mischung

Ihr Vorteil liegt dabei auf der Hand: Eine gelungene Mischung aus einem unverwechselbaren Erscheinungsbild und dank zahlreicher Schnitte, Auszeichnungen und Laufweiten, beinahe universeller Einsetzbarkeit.

Es existieren regionalisierte Eurostile-Varianten mit kyrillischen, griechischen und andere osteuropäischen Zeichensätzen, was wiederum zu einer noch weiteren Verbreitung beiträgt.

Denn im Unterschied zu der überwiegenden Zahl moderner Grotesken verfügt die Eurostile über einige unverwechselbare Merkmale in einzelnen Buchstaben: die Diagonalen des großen und kleinen K berühren die Vertikale nicht, das kleine t und das kleine f verfügen über einen charakteristisch asymmetrischen Querstrich, der rechts der Vertikalen länger ist als links und der Diagonalstrich des Q ist im Buchstabeninneren länger als außen.

Eurostile im digitalen Zeitalter

Die ursprüngliche Form der Eurostile wird von Novarese in Metallettern für den Handsatz geschaffen. In ihrer elektronischen Form wird die Eurostile neben anderen Anbietern von Linotype angeboten. Linotype entwickelt zu Beginn der 1980er Jahre in Zusammenarbeit mit Adobe zunächst eine Post Script-Version, die später unter der Bezeichnung Eurostile LT in erweiterter Form erscheint.

Eurostile Next

Anfang 2008 bringt Linotype die überarbeitete und der ursprünglichen, in Metallettern geschnittenen Eurostile weitgehend entsprechende Eurostile Next auf den Markt. Die Eurostile Next verfügt daher auch wieder über die sanften Schwünge von Novareses Originalschöpfung, die in den anderen digitalisierten Fassungen der Schrift verloren gegangen waren.

Dass die Eurostile auch heute noch nichts von ihrer Beliebtheit eingebüßt hat, verdeutlicht der Umstand, dass sie 2008 zu den 20 meistverkauften Linotype-Schriften zählt.

Eurostile allüberall

So ist die Eurostile die Hausschrift von Carl Zeiss, Seat (Sonderform Seat-Eurostile), Toshiba, Casio, dem japanischen Elektronikkonzern Roland. Sie findet sich im Logo des European Song Contest und als inoffizielle Missionsschrift der NASA-Mondmission Apollo 10.

Eurostile ist im Vorspann der US-Fernsehserie Star Trek: Enterprise und als Instrumentenbrettbeschriftung in den VW-Modellen von Mitte der 1980er bis in die frühen 1990er Jahre zu finden (u.a. Golf 2, Scirocco 2, Passat 2).

Quasi als Rückkehr zu den Wurzeln als Bildschirmschrift dient sie der Beschriftung der Screens u.a. in den Computerspielen Deus Ex III: Human Revolution und den beiden Episoden Liberty City Stories und Vice City Stories der Grand Auto Theft-Reihe.

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