Schriftportrait Bauhaus

"Die ganze Welt ist ein grosses B". Zumindest, wenn es nach dem US-amerikanischen Schriftentwerfer Ed Benguiat geht. Gemeint ist damit das B seiner Schriftschöpfung Bauhaus, einer Auszeichnungsschrift, mit der er den Geist der wichtigsten typografischen Bewegung des 20. Jahrhunderts eingefangen hat.

Der letzte Überlebende

Die uns heute zur Verfügung stehende Schrift Bauhaus gründet sich auf einen Entwurf des 'letzten Überlebenden des Bauhaus', den österreichisch-amerikanischen Designer Herbert Bayer.

Bayer entwirft im Jahr 1925 unter dem Namen Universal den ersten Vorläufer der Bauhaus-Schrift. Dabei unternimmt er den Versuch, Groß- und Kleinbuchstaben zu einem einzigen Zeichensatz zu kombinieren, der Zeichenformen beider Buchstabentypen enthält.

Die klare Linie

Bayers Schriftentwurf ist eine Verkörperung des typografischen Ansatzes des Bauhaus-Künstlers Moholy-Nagy. Dieser sieht Schrift losgelöst von allen künstlerischen Sichtweisen als Medium der Kommunikation ... (als) klare Mitteilung in ihrer eindringlichsten Form - die Schrift also als reines Kommunikationsmedium, das sich jeden schmückenden Beiwerks zu enthalten habe.

Folgerichtig betonen Bayers Schriftentwürfe die 'klare Linie', den technokratisch-sachlichen Zugang, der im krassen und spannungsvollen Gegensatz zur (damals) konservativen Schriftauffassung steht. In Deutschland beendet der heraufziehende Nationalsozialismus, für den Bauhaus 'Entartete Kunst' ist, die tief greifende Auseinandersetzung beider Strömungen.

Der Geist des Bauhaus

Im Geist der Bauhaus-Schrift des Herbert Bayer entstehen nach dem Zweiten Weltkrieg mit dem aufkommenden Fotosatz und später der Digitalsatzzeit einige moderne Interpretationen.

Im Jahr 1969 erscheint bei der Fotostar Company die von Joe Taylor gezeichnete Schrift Blippo, ihrerseits eine Umsetzung des Fettschnitts einer Burko genannten Schriftart, die sich auf unfertige Bauhaus-Schriftentwürfe gründet.

1970 zeichnet Herb Lubalin die Schrift ITC Ronda, die sich an der Blippo orientiert, deren Zeichenvorrat er um einen vollständigen Satz Kleinbuchstaben erweitert. Die Ronda weist einige ungewöhnliche Zeichenformen auf, die sich später auch in der Bauhaus wiederfinden.

Schriftentwickler Ed Benguiat

ITC Bauhaus

Die ITC Bauhaus wird 1975 von Ed Benguiat und Victor Caruso für die International Typeface Corporation auf der Grundlage von Lubalins ITC Ronda gezeichnet. Der ITC-Entwurf behält einige Merkmale der ursprünglichen Bayer-Schrift bei (darunter die geometrische Anmutung und die gleichmäßigen Strichstärken in allen Zeichen), enthält jedoch einen vollständigen Satz an Groß- und Kleinbuchstaben sowie Sonderzeichen.

Verwendung

Mit ihren nicht geschlossenen Buchstabenformen, ihrer Anlehnung an den gestalterischen Geist des Art Deco und ihrer insgesamt sachlich-modernen Anmutung findet die heute verfügbare Bauhaus vornehmlich als Zier- und Auszeichnungsschrift Verwendung.

Neben der Nutzung als Hommage an den Bauhaus-Stil findet Bauhaus ein breites Anwendungsspektrum: von der Nutzung als Fernsehschrift (im Abspann der US-Fernsehserien The Jeffersons und Roseanne) bis zur Innenausstattung von Supermarktketten (US-Kette Kroger in den 1970er Jahren). Ferner findet sich Bauhaus als Schrift für die Beschilderung in Disney-World (Florida), die animierte Flash-Comicreihe 'Homestar Runner' und als Beschriftung für die Bedienelemente der älteren Baureihe der Atari 2600-Spielekonsolen.

Ihr Charakter und die Formgebung machen die Bauhaus für den Einsatz im Fließtext ungeeignet. Sie ist eine klassische Auszeichnungsschrift, die wegen ihrer Vielseitigkeit auch in graphischer Anwendung, beispielsweise bei der Logogestaltung, gute Dienste leisten kann.

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