Warum kosten manche Schriften mehrere Hundert Euro?
Wer sich mit Typografie beschäftigt, wird vielleicht überrascht sein, wenn er die Preise von professionellen Schriftarten sieht. Warum kosten manche Schriften so viel Geld? Um diese Frage zu beantworten, ist es sinnvoll, sich den Arbeitsaufwand bewusst zu machen, der für die Entwicklung einer professionellen Schriftart nötig ist.
Fachwissen, Können und Erfahrung
Der Schöpfer einer neuen Schriftart braucht mehr als einen Bleistift und Papier. Um eine völlig neue Schrift zu entwickeln, benötigt er vor allem eine Menge Fachwissen. Die historische und gestalterische Kompetenz spielt eine ebenso wichtige Rolle wie handwerkliches Know-how. Es gibt unzählige Aspekte, die bei der Entwicklung einer neuen Schrift beachtet werden müssen, damit das Ergebnis sowohl optisch ansprechend als auch professionell nutzbar ist. Und selbst dann ist die Entwicklung einer Schrift eine hochkomplexe Aufgabe, die viel Zeit und Sorgfalt erfordert.
Wie viele Zeichen braucht eine Schrift?
Wie viel Arbeit es ist, eine Schriftart komplett neu zu entwerfen, erschließt sich in seinem vollen Umfang erst auf den zweiten Blick. Es ist keinesfalls damit getan, einige Buchstaben zu zeichnen und das Ergebnis zu vektorisieren. Der Entwurf der einzelnen Zeichen ist nur der erste von zahlreichen Schritten.
Unser Alphabet besteht aus 26 Buchstaben - doch für eine Schriftart reicht das bei Weitem nicht. Eine reguläre Schrift umfasst mit allen Groß- und Kleinbuchstaben sowie zahlreichen Sonderzeichen schnell mehrere Hundert verschiedene Schriftzeichen. Davon muss jedes Einzelne sorgsam entworfen und detailliert ausgearbeitete werden - eine Arbeit, die nicht nur Monate, sondern leicht Jahre dauern kann.
Die Schnitte nicht vergessen!
Um mit einer Schriftart professionell arbeiten zu können, benötigt der Designer verschiedene Schnitte, die zu einer Schriftfamilie zusammengefasst sind. Variiert werden können die Strichstärke, die Lage der Schrift sowie ihre Laufweite. Um einen Schnitt zu entwerfen, reicht es nicht, die Buchstaben einfach nur fett zu machen oder kursiv zu setzen. Vielmehr müssen viele Zeichen für einen Schnitt komplett neu entworfen werden, damit die Harmonie des Schriftbildes nicht verloren geht. Ober- und Unterlängen werden verändert, Strichstärken und Dickten angepasst.
Ein harmonisches Schriftbild
Sind alle Zeichen fertig, ist das Ergebnis noch lange keine Schrift. Die wahre Kunst besteht nämlich darin, das Verhältnis aller Zeichen untereinander optisch zu harmonisieren. Ein gutes Beispiel ist die Unterschneidung. Hier wird durch die Verringerung des Abstandes zwischen einzelnen Zeichen ein optischer Ausgleich geschaffen, damit keine unharmonischen Lücken im Text entstehen. Zeichenfolgen wie zum Beispiel VA sehen ohne ein optisches Zusammenrücken der beiden Buchstaben einfach unästhetisch aus und hindern den Lesefluss erheblich.
Qualität hat ihren Preis
Ein professioneller Schriftentwickler braucht Jahre, bis er das nötige Wissen, die Erfahrung und das handwerkliche Geschick hat, um eine Schrift für den professionellen Bedarf zu entwickeln und zur Marktreife zu bringen. Es gibt so viele wichtige Details, die der Typograf im Auge behalten muss, damit seine Schrift hinterher auch allen Ansprüchen gerecht wird und als Werkzeug funktioniert. Wer diese Faktoren bedenkt, dem leuchtet schnell ein, dass es eine solch hohe Qualität nicht zum Schnäppchenpreis gibt.