Schriftportrait Baskerville
Baskerville, die Wahrhaftige. Ein in Baskerville gesetzter Text wird von der Mehrzahl der Leser als wahrhaftiger und glaubwürdiger eingeschätzt als der gleiche Text in anderer Schriftart. Dies ergibt ein von New York Times-Blogger Morris im August 2012 durchgeführtes Experiment, an dem über 45.000 Personen teilnehmen.
Die ursprüngliche Baskerville
Die ursprüngliche Baskerville entsteht bereits im Jahr 1757 durch John Baskerville in Birmingham. Baskervilles Schriftgestaltung ist nur ein Teil seines breiter angelegten Schaffens.
Die Gestaltung geht mit seiner individuellen Auffassung der 'Schwarzen Kunst' Hand in Hand: Baskerville erfindet den Druck für sich neu. Er nutzt eigene, besonders glatte und weiche Papiere und mischt seine eigenen Druckfarben an, insbesondere eine tiefschwarze Tinte. Beides lässt die neuen Merkmale seiner Schrift besonders deutlich und scharf hervortreten.
Bewaffnet mit diesem Instrumentarium schafft Baskerville eine Reihe Prachtdrucke von atemberaubender Schönheit, die auch heute, nach fast 250 Jahren, noch nichts von ihrer Magie eingebüßt haben.
Erschaffung einer Schrift
In seiner Schriftgestaltung wird Baskerville von den in England vorherrschenden Schriften William Caslons inspiriert. Den althergebrachten Caslonschen Duktus verändert er an entscheidenden Stellen: Er vergrößert den Kontrast zwischen den Haar- und den Grundstrichen, verleiht seiner Schrift ausgeprägtere Serifen und verschiebt die Schattenachsen der runden Kleinbuchstaben in Richtung der Senkrechten.
Dadurch entsteht eine "Antiqua des Übergangs" mit generösem Raumanspruch, ausladenden Großbuchstaben und einem Gesamteindruck, der stilvolle Würde und die gereifte Tradition eines Meisters in Stille und Schlichtheit vermittelt. Ihr Schriftbild ist ruhig und regelmäßig und besitzt dennoch jene dynamische Offenheit, die den statischen Caslon-Schriften so fehlt.
Kein Erfolg zu Lebzeiten
Baskervilles Schrift kann sich in England gegen den übermächtigen Einfluss Caslons nicht durchsetzen. Die Ursachen dafür sind strittig, können aber mit seinem unverhüllt vorgelebten Atheismus zu tun gehabt haben, der ihm im puritanischen England nur wenige Freunde einbringt. Einige seiner Zeitgenossen verbreiten gar das Gerücht, dass der deutliche Schriftkontrast der Baskerville-Schrift die Augen in irreparabler Weise schädige.
Das in Baskervilles Schrift verkörperte Gedankengut schlägt dafür auf dem europäischen Kontinent in Gestalt der großartigen Schriften Didot und Bodoni umso fruchtbarere Wurzeln. Erst nach Johns Tod wird die Baskerville in England gegen Ende des 18. Jahrhunderts zur "Schrift der englischen Buchtypografie schlechthin" erkoren.
Baskerville die Variantenreiche
Bis heute sind unzählige Adaptionen, Varianten und Interpretationen der ursprünglichen Baskerville entstanden. Eine der ersten Varianten ist die 1795 die durch Isaac Moore für die Schriftgießerei Fry Foundry geschnittene Baskerville Old Face, eine Variante mit etwas verspielterer Anmutung und beträchtlich geringerer Laufweite als die originale Baskerville.
Nachdem die Baskerville durch den überwältigenden Einfluss modernerer Schriften, allen voran die italienische Bodoni und die französische Didot, allmählich in Vergessenheit gerät, wird sie 1916/17 durch Bruce Rogers für die Schriftgießerei Deberny & Peignot in Frankreich wieder mit neuem Leben erfüllt.
Breites digitales Angebot
Nach zahlreichen weiteren Adaptionen, darunter Monotype (1923), D. Stempel AG (1925), ITC (1978) und Berthold AG (1980) gelingt der altehrwürdigen Baskerville zu Beginn der 1990er Jahre der Sprung ins digitale Zeitalter.
Heute sind digitale Versionen der Baskerville bei beinahe jedem renommierten Schriftenhersteller in einem breiten Spektrum von Schnitten erhältlich. Zahlreiche frei verfügbare Baskerville-Versionen runden das Angebot ab.
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