Gebrochene Schriften
Die Klasse 10 der Schriftenklassifikation nach DIN 16518 nimmt die gebrochenen Schriften auf, die in Deutschland vom 12. Jahrhundert bis 1941 gebräuchlich sind.
Das verbindende Merkmal dieser Schriften ist die völlige oder teilweise Unterbrechung der Rundbögen. Die 'gebrochene' Eigenschaft dieser Schriften beschreibt die abrupt auftretenden Richtungswechsel der Feder beim Niederschreiben, die sich in deutlich sichtbaren 'Knicken' in der Strichführung der geschriebenen Buchstaben äußern.
Schrift-Gotik: Wendepunkt der Schriftentwicklung
Gebrochene Schriften treten in Europa im Verlauf des 12. Jahrhunderts auf. Sie breiten sich mit dem Vordringen des gotischen Baustils aus, bei dem ja die Spitzbögen als architektonisches Stilmittel die romanischen Rundbögen der Vorgängerepoche ablösen.
In der Geschichte der Schriftentwicklung markiert das Auftreten der Frakturschrift einen deutlichen Wendepunkt. Erstmals werden die runden Bögen, die seit dem Aufkommen der karolingischen Minuskel (um 800) das Schriftbild geprägt haben, durch ein neues Stilelement abgelöst. Daraus entsteht die gotische Minuskel mit den typischen spitzen Bögen, die das Schriftbilds des Mittelalters in weiten Teilen prägen wird.
Unterklassifizierung
Im Klassifizierungsschema der DIN 16518 wird die Gruppe 10 oft weiter unterteilt. Das nachfolgende Schema war zu Zeiten des Bleisatzes recht gebräuchlich:
Gotische Textura (ab 1440) | Sie gründet sich auf die schmal laufende Textur. Charakteristisch ist ein enges und hochstrebendes Schriftbild. Die Rundungen aller Kleinbuchstaben sind gebrochen, Serifen werden zu viereckigen An- und Abstrichen ausgeformt. | Beispiele: Goudy Text, Cloister Black, Linotext. |
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Rundgotisch (ab 1450) | Charakteristisches Merkmal ist die Verbindung der gotischen Zeichenform mit runden, nicht gebrochenen Bögen an den Kleinbuchstaben. Die rundgotischen Schriften gründen sich auf die Rotunda. Sie finden sich vor allem in Südeuropa zur frühen Druckzeit (um 1450). Die für die Gotische Textura charakteristischen rauten- bzw. würfelförmigen Abstriche sind hier verschwunden. | Beispiele: San Marco, Weiß Rundgotisch, Wallau. |
Schwabacher (ab 1450) | Schwabacher Schriften treten zur Mitte des 15. Jahrhunderts in Süddeutschland auf. Es sind volkstümliche Schriften, ihr Erscheinungsbild ist derber als dasjenige der Gotischen oder Rundgotischen. Ihre Rundungen fallen insgesamt breiter aus, das Schriftbild ist offener und heller. Wegen ihrer Verwendung als Schrifttype für die Lutherbibeln auch als 'Reformationsschriften' bezeichnet. | Beispiele: Alte Schwabacher, Schneidler Schwabacher, Nürnberger Schwabacher. |
Fraktur (ab 1513) | Süddeutsche Renaissance-Schrift. Eine schmal laufende Bruchschrift, historisch als Gegenreaktion zur Schwabacher entstanden. Die Schmalheit wird nicht konstant durchgehalten, manche Großbuchstaben behalten ihre breiten Formen. Nach den Rundbögen der Schwabacher treten bei Frakturschriften wieder gebrochene Bögen auf. Besonderes Merkmal der Fraktur ist der 'Elefantenrüssel', ein gebogener Schnörkel in Form des heutigen s, der an den Aufstrich oder Hauptschaft der meisten Großbuchstaben angehängt wird. Die Fraktur verfügt über kräftig gezogene Schäfte, wird dicht gesetzt und zeigt im Satzbild eine deutliche Betonung der Senkrechten. |
Beispiele: Fette Fraktur, Unger Fraktur, Walbaum Fraktur. |
Fraktur-Varianten | Auch: Hybride. Sammelbecken für alle gebrochenen Schriften, die nicht in die vorstehenden Gruppen eingeordnet werden können. |
Merkmale der Gebrochenen Schriften
- Gebrochene Bögen
- Strichführung der Breitfeder
- (teilweise) sehr starke Fett/fein-Kontraste
- (teilweise) feine An- und Endstriche
- schräger e-Strich
- Einführung alternativer Zeichen (langes-s/rundes-s)
Beipiele
- Gotische Minuskel (1000)
- Gotische Textura (1200 1450)
- Rotunda (1200 1480)
- Bastarda (1200)
- Schwabacher (1450)
- Fraktur (1513)
- Deutsche Kurrent (1490)
- Breite Kanzlei (1830)
- Manuskript Gotisch (1905)
- Wallau (1924)
- Luthersche Fraktur (1920)