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Wozu brauche ich echte Schriftschnitte wie "Kursiv" oder "Fett"?

Bei der Gestaltung eines Textes besteht oft die Notwendigkeit, einzelne Worte oder Sätze optisch hervorzuheben. Der Schriftsetzer benutzt für solche Auszeichnungen unterschiedliche Schnitte einer Schrift. Doch eine Schrift fett oder kursiv zu setzen sind Grundfunktionen, die heute jedes Textverarbeitungsprogramm auf Knopfdruck bietet. Welchen Sinn macht es also, professionelle Schriftschnitte zu verwenden?

Schriftschnitte von Light Condensed und Light Condensed Italic bis Extra Bold und Extra Bold Italic
Schriftschnitte von Light Condensed und Light Condensed Italic bis Extra Bold und Extra Bold Italic

Elektronische Formatierung oder Schriftschnitt?

Wer sich fragt, warum eine Schrift für die professionelle Verwendung unterschiedliche Schnitte benötigt, sollte sich zuerst ansehen, was mit einer Schriftart passiert, wenn sie "elektronisch formatiert" wird, also eine Veränderung von Schriftstärke oder Schriftlage durch eine Software erfährt.

Veränderung der Strichstärke

Die Fett- oder Bold-Funktion sorgt dafür, dass die Strichstärke aller Buchstaben linear verstärkt wird. Die Schrift wirkt somit fetter und tritt optisch aus dem Text hervor. Leider betrifft diese Verstärkung auch die Stellen eines Buchstabens, die im ursprünglichen Design als feine Linien entworfen wurden. Viele wichtige Details gehen durch die Veränderung der Strichstärke verloren, und gerade Lettern mit fein auslaufenden Linien leiden extrem unter dieser Modifikation.

Eine so manipulierte Schrift wirkt häufig plump und unharmonisch. Außerdem besteht die Gefahr, dass Punzen und geschlossene Bögen regelrecht "zulaufen" und das Schriftbild unsauber und schwammig wird. Für Gestalter, die professionell mit Schriften arbeiten, ist diese Variante der elektronischen Formatierung also keine angemessene Option.

Veränderung der Schriftachse

Wird eine Schrift in der Textverarbeitung auf kursiv gesetzt, verändert das den Neigungswinkel jedes einzelnen Buchstabens. Diese Funktion wirkt sich jedoch negativ auf den optischen Gesamteindruck der Schrift aus, denn die Buchstaben wurden ja ursprünglich aufrecht und gerade gezeichnet. Werden sie nun separat zur Seite gekippt, verändert das nicht nur die Abstände der einzelnen Zeichen zueinander dramatisch.

Die ganze Schrift kann durch eine Veränderung des Neigungswinkels ihren Charakter verlieren. Hier geht nicht nur das ursprüngliche Design der einzelnen Buchstaben, sondern auch die Harmonie im Zusammenspiel aller Zeichen verloren. Ganz abgesehen davon verändert sich die Laufweite der Schrift völlig unkalkulierbar, was in der Textgestaltung zu äußert negativen Folgen führen kann. Schriftsetzer sollten aus Qualitätsgründen auch auf diese Art der elektronischen Formatierung besser verzichten.

Welche Schnitte gibt es?

Jede Schriftfamilie besteht aus einer Schriftart und einer Anzahl von Schrittschnitten, die dem Schriftsetzer mit ihren Abstufungen unterschiedliche Möglichkeiten der Textgestaltung ermöglichen. Neben der Schriftlage und der Strichstärke variieren manche Schnitte auch die Breite der Schrift. Hier kann der Setzer von extrem schmal bis hin zu extra breit die passende Laufweite wählen.

Was machen Schnitte besser?

Wenn für eine Schriftart ein kursiver Schnitt entworfen wird, gilt ein besonderes Augenmerk der Laufweite der einzelnen Buchstaben und ihrem Verhältnis untereinander. Damit die Harmonie des gesamten Schriftbildes erhalten bleibt, werden einzelne Buchstaben komplett neu entworfen. Manchen Zeichen erhalten sogar eigens eine Ober- oder Unterlänge.

Bei Bold-Schnitten wird darauf geachtet, dass die Harmonie der einzelnen Striche erhalten bleibt, auch wenn der Buchstabe insgesamt fetter wird. Manche Schriftfamilien bieten unterschiedlich starke Abstufungen der Strichstärken an. Das erlaubt dem Schriftsetzer für die Gestaltung seines Textes einen angenehm breiten Spielraum.